Moin,
ich bin der 2. Vorsitzende des Vereins Afrikanische Diaspora Ostfriesland e.V.
Ich stehe heute hier, weil ich die Geschichten von Menschen kenne, die täglich kämpfen müssen – für ihre Rechte, ihre Hoffnung und ihre Zukunft.
Ich stehe hier als Freund, der die Last und die Angst miterlebt, die viele nur schwer begreifen können, wenn sie selbst nicht betroffen sind.
Im Jahr 2022 wurde das Chancen-Aufenthaltsrecht eingeführt. Dieses Chancen-Aufenthaltsrecht war ein Lichtblick für viele. Es wurde geschaffen, um Menschen eine Perspektive zu geben, die schon lange bei uns leben, die hier arbeiten, lernen, und Teil unserer Gesellschaft geworden sind.
Man bekommt für 18 Monaten eine Aufenthaltserlaubnis. In dieser Zeit müssen von den Menschen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden, um den erhofften Aufenthaltstitel nach Paragraf 25b zu bekommen: man muss arbeiten, eine eigene Wohnung haben, straffrei sein und ein Sprachniveau von mindestens A2 vorweisen.
Der größte Schritt war jedoch für viele der Nachweis der Identität, das heißt die Vorlage eines gültigen Reisepasses. Mit großer Angst wurde auch diese Voraussetzung erfüllt, denn wenn die Ausländerbehörden erstmal deinen Reisepass haben, können sie dich auch abschieben.
Stellt euch vor, was das bedeutet: Ein Mensch gibt seinen Reisepass ab, weil er die Hoffnung hat, ein legales Leben hier zu führen. Gleichzeitig kann dieser Schritt genutzt werden, um ihn abzuschieben, weg von allem, was er sich aufgebaut hat. Es ist eine unmenschliche Situation, die Betroffene in eine permanente Lage der Angst zwingt.
Die Ausländerbehörde Leer hat einen Weg gefunden, trotz aller erfüllten Voraussetzungen, Menschen reihenweise den Aufenthaltstitel zu verwehren. Bei Terminen in der Ausländerbehörde werden unangekündigte Befragungen durchgeführt. Bei diesen werden Fragen gestellt, um zu überprüfen, ob die zuvor unterschriebene Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung verstanden worden sei. Für viele ist es schwierig, die Fragen in dieser angsterfüllten Situation zu beantworten.
Als Folge behauptet die Behörde, dass die Menschen sich, trotz des bereits bestandenen Tests „Leben in Deutschland“ und nachgewiesener Sprachkenntnisse, nicht genug auskennen würden mit der Ordnung und dem Leben in Deutschland. Nach Einschätzung des Flüchtlingsrats Hannover steht diese Praxis im Widerspruch zu den einschlägigen Anwendungshinweisen des Landes Niedersachsen.
Diese Befragungen sind nicht im Gesetz vorgesehen! Die Ausländerbehörde versucht nur noch im letzten Moment keine Aufenthaltstitel erteilen zu müssen.
Das Ermessen, das jeder einzelne der Behördenmitarbeiter hat, wird derzeit aktiv genutzt, um Menschen ihre Aufenthaltstitel zu verwehren – selbst, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Es ist kein Rechtsanspruch, der fair und transparent umgesetzt wird, sondern eine Willkür, die von den Behörden ausgehend Angst und Hoffnungslosigkeit erzeugt.
Wir stehen hier, weil wir gemeinsam sagen: Es reicht!
Es reicht, dass Menschen, die alles getan haben, um sich zu integrieren und einen Beitrag zu leisten, durch Ängste und Bürokratie von ihrem Weg abgehalten werden.
Es reicht, dass durch unfaire Verfahren Unsicherheit und Willkür ausgeübt werden.
Wenn die Ausländerbehörde nun durch solche Befragungen verhindern kann, dass Menschen einen Aufenthaltstitel bekommen, heißt das auch, dass sie nun diese Menschen problemlos abschieben kann, denn die Reisepässe wurden ja vorgelegt.
Ich stehe hier, weil ich allen Verantwortlichen diese Fragen stellen möchte:
Warum sind unsere Hoffnungen und Rechte nichts wert?
Warum wird das Chancen-Aufenthaltsrecht nicht so umgesetzt, wie es gedacht war?
Warum wird durch Kontrolle und Angst versucht, Menschen ihre Würde und Perspektive zu nehmen?
Ich fordere deshalb von der Ausländerbehörde und der Politik: Hört auf, mit solchen Verfahren Angst zu verbreiten und Tricks zu benutzen, um Menschen abzuschieben! Haltet euch an euren gesetzlichen Auftrag! Wer alle Voraussetzungen erfüllt, SOLL laut Gesetz einen Aufenthaltstitel bekommen! Diese Praxis der Leeraner Ausländerbehörde und ihren Mitarbeitern muss ein Ende haben!
Als Freunde, als Nachbarn, als Mitmenschen, tragen wir eine Verantwortung.
Wir stehen hier zusammen, um für die Rechte der Betroffenen einzutreten und den Verantwortlichen klarzumachen, dass wir sehen was sie machen und dass wir nicht damit einverstanden sind!
Kommentare
Eine Antwort zu „Rede zu „Kein Mensch ist illegal“ in Leer #2“
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